Wie funktioniert digitale Bildung? – Interview mit Lina Mohr von der Digitalwerkstatt

Deshalb dürfen Zukunftskompetenzen keine Zukunftsmusik sein

Die Arbeitswelt ist im Wandel. Was einst analog passierte, findet digital statt. Ganze Berufszweige ändern sich, entstehen, wachsen, andere scheinen zu verschwinden. Die Generation, die heute die Schulbänke drückt, wird ganz bestimmte Kompetenzen dafür benötigen, weiß Lina Mohr. Die Leipzigerin ist Campus Managerin einer von zehn HABA Digitalwerkstätten in Deutschland. Bei ihr können Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren in Workshops mit ihren Klassen oder Familien spielerisch die digitale Welt entdecken.

Lina Mohr sieht in digitaler Bildung jede Menge Chancen, aber auch ganz viel Arbeit. Was wir als Eltern tun können, was auf großer Ebene passieren muss und was kleine Roboter damit zu tun haben, hat Lina LAYERS-Autorin Pia Maack im Interview verraten.

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Autorin Pia Maack (rechts im Bild) erfuhr im Interview mit Lina Mohr, was digitale Bildung mit Bastelspaß zu tun hat und warum sie uns alle etwas angeht.

Lina, wir haben uns hier in der HABA Digitalwerkstatt in Leipzigs Innenstatt getroffen. Bei „Werkstatt“ denke ich an Materialien, an Handarbeit und Werkzeug. Wie passt das zu „digital“?

Das passt sogar sehr gut zusammen. Du findest hier bei uns Knete, Stifte, Kleber und jede Menge andere Utensilien, mit denen die Kinder basteln. Denn digital bedeutet nicht gleich virtuell. Kinder, die beispielsweise einen digitalen Stop-Motion-Film erstellen, formen vor dem Filmen und dem Schnitt aus Knete die Figuren, die sie dafür benötigen. Und auch einige unserer Roboter schrauben die Kinder mit Werkzeug zusammen, bevor sie sie programmieren. Wenn die Schülerinnen und Schüler beispielsweise ein Märchencomic erstellen wollen, basteln sie vorher Schneewittchen oder andere Figuren. Wir bauen auch mit Lego. Zum Beispiel einen Arm, der dann so programmiert werden kann, dass er Müll aufsammelt.

„Digital bedeutet nicht nur zocken.“

In den zwei bis drei Stunden, die die Kinder in der Digitalwerkstatt verbringen, sind sie ungefähr 50 Prozent der Zeit mit basteln beschäftigt und nur ungefähr die Hälfte der Zeit an den Tablets. Wir verbinden manuelle Materialen mit der digitalen Welt. Auch den Kindern, Lehrkräften und Eltern ist es oft nicht klar, was alles möglich ist, wenn man die Endgeräte sinnvoll nutzen möchte. Das ist eins unserer Anliegen – zu zeigen, dass digital nicht nur zocken bedeutet. Das Tablet soll nicht nur ein Konsumgut sein, sondern ein Werkzeug, mit dem sie bereits nach ein paar Stunden Erfolgserlebnisse feiern, weil sie ihre eigenen Bücher, Filme oder Games produzieren können. Und nebenbei erlernen sie wichtige Kompetenzen.

Erklär mal, welche Kompetenzen sind das und warum sind sie so wichtig?

Die Kinder werden irgendwann in eine Arbeitswelt eintreten, in der kaum ein Beruf noch ohne digitale Skills funktioniert. Kein Handwerksberuf funktioniert mehr ohne Hardware und ihre Tools, ganze Berufe bauen auf digitalem Denken auf. Doch zum einen haben viele Kinder weder Zuhause noch in der Schule die Möglichkeit, beispielsweise ein Tablet mal auszuprobieren. Zum anderen wissen sie meist gar nicht, dass es mehr kann als YouTube oder „daddeln“. Hier lernen sie zum Beispiel wie sie das Tablet bedienen, wo die Kamera ist und was sie für Licht brauchen, um sie zu bedienen. Sie lernen auch, wie sie im Internet nach einem benötigten Bild suchen können. Neben diesen Medienkompetenzen schulen die Schüler und Schülerinnen die Motorik, mechanische Fähigkeiten und lernen nebenbei wichtige Zukunftskompetenzen. Dazu gehört beispielsweise strukturiertes Denken, Lösungsfindung oder Frusttoleranz, wenn etwas mal nicht gleich funktioniert. Da die Kids immer im Team arbeiten, gehört auch miteinander zu reden und präzise Kommunikation zu den Fähigkeiten.

Ist das Vermitteln all’ dieser Dinge nicht Aufgabe der Schule?

Leider gibt es von Schule zu Schule, selbst in einer Stadt, riesige Unterschiede. Während manche Schulen gerade erst Wlan in ihrer Einrichtung installieren und noch mit Kreide an die Tafel schreiben, sind andere mit Tablets und Robotern ausgestattet. Somit gibt es nicht für alle Kinder die gleichen Möglichkeiten. Und auch in den Familien sind die Kinder aus ärmeren Verhältnissen oft die, die weniger Möglichkeiten haben, erste Schritte in der digitalen Welt zu gehen.

„Unsere Mission ist es, Chancengleichheit schaffen und Möglichkeiten aufzuzeigen.“

Und das ist noch nicht alles: Selbst wenn eine Schule die Hardware hat, wissen viele Lehrkräfte nicht, was sie alles damit tun können. So sind Tablets beispielsweise fächerübergreifend nutzbar. Für Collagen und Vorträge im Deutschunterricht zum Beispiel, für das Fotografieren von Pflanzen im Schulgarten in Biologie oder für Algorithmen in Mathematik usw. Das ist die Mission der HABA Digitalwerkstatt: Chancengleichheit schaffen und Möglichkeiten aufzeigen. Deshalb bieten wir den Lehrerinnen und Lehrern nicht nur an, mit ihren Klassen zu uns zu kommen. Wir kommen auch in die Schulen beispielsweise für Projekttage oder aber auch, um die Lehrkräfte fortzubilden.

Was kann ich als Mama oder Papa Zuhause tun, um meinem Kind in Sachen digitaler Bildung und Zukunftskompetenzen den Weg zu ebnen?

Ein Gespräch mit den Lehrkräften kann eine Möglichkeit sein, das Thema digitale Bildung in die Schule zu bringen. Es ist immer noch viel Eigeninitiative der Lehrerinnen und Lehrer gefragt. Wenn Eltern ihre Hilfe anbieten und zum Beispiel auf die Workshops der HABA Digitalwerkstatt aufmerksam machen, kann das ein hilfreicher Impuls sein. Für Kinder, deren Interesse in einem unserer Workshops entfacht ist, können Eltern über die Anschaffung eines der Tablets nachdenken. Mit den kostenfrei nutzbaren Apps darauf kann der Nachwuchs nach Lust und Laune programmieren, schneiden und entwickeln.

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Aber auch offen dafür zu bleiben, was genau das Kind am Tablet gerade tut, ist hilfreich. Mamas und Papas können sich fragen: Was tut mein Kind gerade am Endgerät? Vielleicht beschäftigt es sich ja mit etwas sehr Kreativem, anstatt wie eventuell erwartet ein Spiel zu spielen. Familien kann es helfen, gemeinsam einen Familien-Workshop in unserer Digitalwerkstatt zu verbringen und zusammen zum Beispiel einen Roboter zu programmieren oder einen animierten Film zu entwickeln.

Das hört sich toll an. Vielen Dank für den spannenden Einblick in deine Arbeit.

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Alle Fotos von LAYERS-Fotografin Anne Schwerin.

Ferienprogramm in der HABA Digitalwerkstatt Leipzig

In der Digitalwerkstatt können Kinder auch in den Ferien auf eine spielerische Lernreise durch die digitale Welt gehen. In den Feriencamps bauen sie Roboter, programmieren Spiele, drehen Animationsfilme oder gestalten ihre eigene Kunst und Musik. Die Camps sind wie ein kleines digitales Ferienlager: Über mehrere Tage hinweg treffen sich die Schülerinnen und Schüler in der Digitalwerkstatt, um gemeinsam mit digitalen Geräten, Programmen und Apps zu experimentieren und im Team spannende Aufgaben zu lösen. Mehr über das Ferienprogramm erfahrt ihr hier.

Auf LAYERS begibt sich Pia auf die Suche nach der perfekten neuen Arbeitswelt. Wie sieht ein produktives Home Office aus, sollten wir unsere Kinder bei einer Bewerbung verheimlichen und warum redet eigentlich keiner offen über Geld? All diesen und vielen weiteren Fragen rund um das Thema New Work geht Pia nach.

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