Paps – eine Kolumne über das Papa sein: Raus aus meinem Bett, Mäuschen!

Ab wann sollte ein Kind in seinem eigenen Bett schlafen? Einige Eltern sagen: Muss das Kind selbst wissen. 

Versuchen wir es doch einmal andersrum. Ab wann sollten Eltern ihr Bett wieder für sich haben? Meine Frau und ich haben die Frage nach 12 Monaten so beantwortet: „Jetzt!“. Der Weg beginnt mit einem Erfolgserlebnis und zieht sich dann über Monate hin mit der abschließenden Erkenntnis, dass wir es bereits am ersten Tag richtig gemacht hatten. 

Und ja, auch wir haben es geliebt, mit unserem Baby zu kuscheln. Trotzdem haben wir einige Wochen nach dem ersten Geburtstag den Transfer aus unserem Riesenbett in ein Babybett im gleichen Raum eingeleitet. Aber wie gut kann man schon schlafen, wenn ein kleines Kind an einer Zaunstange neben einem steht und schreit? Genau: Gar nicht und deswegen wachten wir am Ende doch immer wieder zu dritt auf. Mehrfach in der Nacht. 

Damit sollte irgendwann mal Schluss sein.

In unserem Umfeld jedoch gab es als Kommentar zu unseren Plänen erstmal nur Achselzucken: „Also unser Kleiner schläft immer noch bei uns im Bett.“ Oder „Wollt ihr euer Kind dann echt einfach schreien lassen?“ 

Eine Freundin aus Nordamerika erzählte uns von einem sogenannten „Schlaftraining“ und klang dabei so entspannt, als wäre das das Normalste der Welt. Wir nahmen uns vor, die Sache mal ins Auge zu fassen.  

An einem Abend also tippten wir „sleep training“ in die YouTube Suchmaske ein und hörten zwei US-amerikanischen Kinderärzten dabei zu, warum das aus ihrer Sicht Sinn mache und wie es dann ablaufen soll. 

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Auf einmal schreit es. Und wir schauen uns an.  

Wir lassen es schreien. Und es zerfrisst uns. Die beiden Kinderärzte aber sagten: Nicht nur Eltern schlafen besser in ihrem Bett für sich, Kinder tun das auch. Und wer besser schläft, schreit auch weniger. Es gehe ja schließlich darum, dass das Kind lernt, sich selbst zu beruhigen. 

Der Plan sieht folgendes Handeln vor: 

1. Eine feste Abendroutine, die immer eingehalten wird. Damit lernt das Kind, wann es so weit ist und kann sich auf den Schlaf einstellen. Also zum Beispiel: Abendessen, Waschen und Zähneputzen, Schlafsachen anziehen. Buch vorlesen und dann ab ins Bett. 

2. Vor dem Zubettgehen stellen wir sicher, dass das Kind alles hat, was es braucht. Also genug gegessen, getrunken und so weiter. Dann verabschieden wir uns mit einem „Gute Nacht!“ und verlassen den Raum. 

3. Möglicherweise beginnt das Kind gleich oder kurz darauf zu schreien. Wir aber betreten nicht sofort den Raum. 

4. Sollten fünf Minuten vergangen sein und das Kind schreit noch immer, schauen wir nach, ob alles okay ist. Wir bleiben maximal 20-40 Sekunden, sprechen zu dem Kind und legen es gegebenenfalls wieder hin, wenn es stehen sollte. Wir nehmen es nur in Ausnahmefällen aus dem Bettchen heraus, sondern verlassen wieder den Raum. 

5. Der Vorgang wiederholt sich, wobei die Abstände auf 15 Minuten anwachsen.  

6. Die 5-15-15 Minuten-Regel wiederholt sich möglicherweise noch einmal in der Nacht, wenn das Kind aufwachen sollte. 

7. Wichtig ist, bei allen Schritten konsequent zu bleiben. 

Im Übrigen schlagen die beiden Doktoren Bjorkman und Bjorkman aus Iowa/USA vor, dass alles mit Kindern ab sechs Monaten durchzuführen. Nach zwei bis fünf Tagen sollte das Schreien aufhören und Kinder weitgehend ruhig schlafen. Im Zweifel sollte man den Rat einer KinderärztIn einholen.

Als unser Kind nach 20 Minuten noch immer schreit, werden unsere Zweifel immer größer.

Tun wir hier wirklich das Richtige?

Wir erinnern uns an unsere eigenen Eltern, die uns immer wieder genau dazu geraten haben. Lasst das Kind schreien, es wird einschlafen! Aber das beruhigt uns gerade nicht, wir denken einfach nur, ob unser Kind nicht doch leidet und welche furchtbaren Eltern wir sind. 

Am Morgen meldet sich unser Kind nicht durch Schreien, es ruft uns. Mit der Gewissheit, dass es uns für immer hassen wird, treten wir in das Schlafzimmer und trauen unseren Augen nicht. Unser Kind lächelt uns an. Es ist ausgeschlafen, wie nach ihren besten Nächten und bereit für den Tag. 

Als Autor und freier Journalist ist Richard mit der Forschung am guten Leben beschäftigt. Er war Mitgründer des transform Magazins und arbeitete dort in der Chefredaktion bis 2019. Anschließend erschien von ihm das Taschenbuch Landreisen. Weitere Veröffentlichungen von Richard sind zu finden bei GEO Saison, der Freitag oder ze.tt (ZEIT Online). Für LAYERS schreibt er über aufregende Reisen, die Schönheit der Langsamkeit im Alltag und das Leben als frisch gebackener Papa.

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