„Selbstständigkeit bedeutet auch, Unsicherheiten auszuhalten.“

Selbst & Ständig – Interview mit Business-Mentorin Julia Bräunig

Vor ein paar Wochen haben wir hier auf dem LAYERS mag ein brandneues Format gestartet. In einem ehrlichen Interview verraten uns Menschen, die selbstständig arbeiten, was sie antreibt, wie sie sich organisieren und vor welchen Herausforderungen sie stehen. Sie teilen ihre Erfahrungen und Tipps mit uns und lassen uns ein klein wenig an ihrem Alltag teilhaben. Für das erste Interview haben wir die Leipziger Fotografin Sophia Molek getroffen. Ihr könnt es hier nachlesen.

Für Runde zwei begeben wir uns nun in die Nähe von Hamburg. Dort lebt und arbeitet Julia Bräunig. Julia ist zweifache, alleinerziehende Mama und schon seit vielen Jahren im Onlinebusiness tätig. Angefangen hat alles mit einem eigenen Label für Schnittmuster. Mittlerweile arbeitet Julia als selbstständige Business-Mentorin für passives Einkommen mit digitalen Produkten. Was genau das bedeutet und warum Julia der Meinung ist, dass die Selbstständigkeit mehr Sicherheiten bietet als ein Angestelltenjob, erfahrt ihr in diesem Interview mit ihr. Los geht’s!

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Hallo Julia, verrate uns bitte als erstes als was und seit wann du selbstständig arbeitest.

Hi liebe Francis, schön, dass ich heute hier sein darf! Ich bin seit über 16 Jahren selbstständig. Angefangen habe ich als freiberufliche Grafikerin und Webdesignerin. Dann hatte ich sieben Jahre lang ein sehr erfolgreiches Schnittmuster-Label, bei dem ich Schnittmuster zum Nähen von Kleidung, Taschen und Co. entworfen und als PDF zum Download verkauf habe. Heute bin ich Business-Mentorin für passives Einkommen mit digitalen Produkten. Außerdem schreibe ich Bücher über Selbstständigkeit, Potenzialentfaltung und Sinn stiftende Arbeit.

Das Großraumbüro war mir als Hochsensible zu laut und wuselig, wirkliche Anerkennung für meine Arbeit habe ich nicht erfahren – schon gar nicht finanziell.“

Was hast du vorher gemacht?

Noch während meines Studiums wurde ich als Grafik- und Webdesignerin in einem Leipziger Start-Up angestellt und habe das insgesamt zwei Jahre gemacht. Jedoch war das Angestellt sein nicht so ganz mein Ding. Das Großraumbüro war mir als Hochsensible zu laut und wuselig, wirkliche Anerkennung für meine Arbeit habe ich nicht erfahren – schon gar nicht finanziell. Das hat mir recht schnell nicht mehr ausgereicht. Einige KollegInnen haben mir dann den Floh ins Ohr gesetzt, mich selbstständig zu machen. Obwohl ich damals erst Anfang 20 war, hab ich keine Sekunde gezögert und bin einfach gesprungen. So entstand meine eigene Webdesign-Agentur. Seitdem bin ich durchgängig selbstständig und habe mich immer mal wieder selbst neu erfunden und diverse Unternehmen gegründet.

Vom Typ her bin ich eigentlich eher auf Stabilität ausgerichtet und nehme Schwankungen in den Einnahmen nicht so wirklich gelassen hin.“

Welche Aufgabe hast du vor deiner Selbstständigkeit unterschätzt?

Oh, so einige. 🙂 Selbstständigkeit ist permanente persönliche Weiterentwicklung. Ich darf in die volle Selbstverantwortung gehen, immer wieder über mich hinauswachsen – diese Challenge mag ich aber auch so sehr daran. Der wichtigste Aspekt ist für mich die finanzielle Sicherheit. Vom Typ her bin ich eigentlich eher auf Stabilität ausgerichtet und nehme Schwankungen in den Einnahmen nicht so wirklich gelassen hin. Daher kam wahrscheinlich auch mein Fokus auf den Aufbau passiver Einkommensströme mit digitalen Produkten – seien es E-Books, Onlinekurse, Download-Dateien oder Empfehlungs-Provisionen, z.b. durch Affiliate-Links in einem Blog. Das bringt mir finanzielle Stabilität ins Business und heute ist es mein Hauptjob, anderen Selbstständigen beizubringen, wie sie das ebenfalls schaffen können.

Arbeitest du alleine oder hast du Unterstützung?

Ich arbeite meistens allein, habe aber viele KollegInnen, die ich für Projekte oder auch meine persönliche Weiterentwicklung hinzu buche: MentorInnen, Coaches, Freelancer, Virtuelle AssistentInnen. Mit einer lieben Kollegin und Freundin betreue ich gemeinsam unsere monatlichen Mastermind-Gruppen und veröffentliche eine eigene YouTube-Show (Die Mastermind-Show).

Was genau ist der Vorteil von einem Onlinebusiness?

Da gibt es so viele. Ich mag diese Unabhängigkeit total. Ich kann von überall arbeiten (wenn es Internet gibt) und meine Zeit frei einteilen. Es ist relativ einfach skalierbar und die Wachstumschancen sind enorm. Außerdem gibt es mir die Möglichkeit, mich immer wieder neu zu erfinden – neue Produktlinien zu kreieren oder sogar neue Projekte zu starten. Wenn man einmal den Prozess verstanden hat, kann man ihn unendlich oft wiederholen. Gerade für mich als Scannerin mit haufenweise Ideen ist das ganz praktisch. 🙂

Frauen zweifeln oft an sich, machen sich klein und sind in der Businesswelt unterrepräsentiert – obwohl sie so viel auf dem Kasten haben, grandiose Ideen mitbringen, die Welt positiv verändern wollen.“

Wer sind deine Kundinnen und wie kam es, dass du dich ausschließlich an Frauen richtest mit deinem Angebot?

Meine Kundinnen sind fast alle selbst Coaches und Mentorinnen oder kommen aus dem Kreativbereich. Sie sind mir also sehr ähnlich. 🙂 Die meisten von ihnen sind ebenfalls Scannerinnen, d.h. sie haben unendlich viele Ideen im Kopf, wollen sich verwirklichen und ein Sinn stiftendes Business mit wertvollen Angeboten erschaffen. Doch sie sind überfordert von den vielen Strategien und Tipps zum Business-Aufbau bzw. Geld verdienen im Onlinebusiness und wissen nicht, wie sie vorgehen sollen. Dabei nehme ich sie an die Hand und gehe Schritt für Schritt mit ihnen den Weg. Außerdem kann ich schlummernde Potenziale total gut erkennen und herausarbeiten, um daraus z.B. eine einzigartige Positionierung und Nische zu basteln. Warum nur Frauen? Weil sie oft an sich zweifeln, sich klein machen und in der Businesswelt unterrepräsentiert sind – obwohl sie so viel auf dem Kasten haben, grandiose Ideen mitbringen, die Welt positiv verändern wollen. Sie sind weniger auf Leistung oder reines Geld verdienen bedacht, sondern legen mehr Wert auf wirklichen Impact – sie wollen helfen und haben wunderbare Visionen für ihr Schafen. Dabei möchte ich sie unterstützen.

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Deine Kundinnen unterstützt du auf dem Weg in die „finanzielle Freiheit“. Was genau bedeutet dieser Begriff für dich und hattest du selbst deine Finanzen schon immer im Griff?

Finanziell frei zu sein bedeutet für mich, dass ich mir keine Sorgen machen muss, ob ich meine laufenden Kosten stemmen kann oder nicht – gerade als allein erziehende Mama ist das für mich total wichtig. Ich möchte, dass auch Geld hereinkommt, wenn ich gerade nicht arbeite – durch Prozesse, die ich einmal aufgesetzt habe. Bisher habe ich es immer geschafft, finanziell auf eigenen Füßen zu stehen – ohne Kredite aufzunehmen oder Schulden zu machen. Ich komme aus der ehemaligen DDR und bin viel im Mangel-Mindset aufgewachsen, zumindest was das Geld betrifft. Da arbeite ich mich so langsam heraus. Es ist aber auch immer noch viel Luft nach oben. 🙂 Denn ich möchte nicht nur gut über die Runden kommen – ich möchte meinen Wirkungskreis stark erweitern, Nachhaltigkeits- und Umwelt-Projekte bzw. humanitäre Initiativen finanziell unterstützen und aktiv die Welt mit gestalten.

Wie viele Stunden in der Woche arbeitest du und wie organisierst du deinen Alltag mit Business, Freizeit und Kindern?

Da meine Arbeit mir die meiste Zeit mega Spaß macht, schaue ich of nicht auf die Uhr. Außerdem mache ich immer wieder Pausen zwischendurch, z.B. um Sport zu machen, auszuruhen oder Haushalt und Kids zu organisieren. Es gibt also nicht diese klassische 9-to-5 Struktur, die klar zwischen Arbeit und Freizeit trennt. Wenn ich schätzen müsste, wären es vielleicht so 25 – 30 Stunden pro Woche. Ich brauche ganz viel Flexibilität und nenne das einfach LEBEN. Für mich ist das alles eins und fließt ineinander über.

Selbstständigkeit bedeutet auch, Unsicherheiten auszuhalten.“

Würdest du jedem raten, sich selbstständig zu machen? Welche Eigenschafen sollte man mitbringen?

Eine spannende Frage. Empfehlen würde ich es schon, da es einfach so viel Spaß macht, stetige Weiterentwicklung ist und meines Erachtens auch sicherer ist, als ein Angestelltenjob – denn du gehst in die volle Selbstverantwortung, du kreierst deine Arbeit selbst, kannst sie immer an deine Bedürfnisse anpassen und wenn du den Prozess einmal verstanden hast, immer wieder neu gründen. Niemand wird dir von heute auf morgen kündigen. Du kannst dir verschiedene Standbeine bzw. Einnahmequellen aufbauen. Das sind für mich klare Vorteile. 🙂 Aber Selbstständigkeit bedeutet auch, Unsicherheiten auszuhalten. Die Einnahmen schwanken, manche Ideen funktionieren nicht oder nur eine Zeit lang, du musst wirklich aktiv daran mitwirken – denn Passivität funktioniert in der Selbstständigkeit nicht. Da gehören Mut, Selbstvertrauen, Eigenverantwortung, Ehrgeiz, Flexibilität und noch viele weitere Eigenschafen dazu. Es gibt keine Erfolgsgarantie, keinen „Masterplan“, der für Jede*n funktioniert. DU wirst zum Schöpfer bzw. zur Schöpferin. Das ist das Großartige daran, aber gleichzeitig ist das nicht für Jede*n zu jedemZeitpunkt das Richtige.

Vielen Dank für den Einblick in deine Arbeit und dein Leben, liebe Julia!

Mehr über Julias spannendes Business könnt ihr auf ihrer Website erfahren. Alle Folgen ihrer Mastermind-Show gibt es hier zum Anschauen.

Was andere Menschen antreibt, ihre Geschichten und persönlichen Erfahrungen, besonders von GründerInnen, interessieren Francis am Meisten. Auf LAYERS findet ihr daher zahlreiche Interviews mit spannenden Persönlichkeiten. Außerdem stellt euch Francis regelmäßig Designfavoriten, Kulturnews und Lieblingsorte vor.

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