Über das Loslassen – Kitesurfen (lernen) auf Rügen

Vom Loslassen und Fliegen

Wer uns auf Instagram folgt, hat es vielleicht schon mitbekommen: wir haben uns vor drei Wochen eine kleine Auszeit genommen und sind gemeinsam mit Jess, Leo und ihrer kleinen Tochter Edith nach Rügen gefahren, um dort das Kitesurfen zu lernen. Eingeladen wurden wir schon vor einer Weile von der Kitesurfschule Rügen-Kite in Baabe und haben nun kurz nach Saisonauftakt die Chance ergriffen und uns im wahrsten Sinne in unbekannte Gewässer begeben.

Kitesurfen oder Surfen konnte nämlich keine von uns vorher und wir waren ziemlich gespannt, wie wir uns im Anfängerkurs von Rügen-Kite schlagen würden. Vor allem ich hatte einige Bedenken, ob der Spaß das Richtige für mich ist, da Wasser und Wind eigentlich nicht so meine Elemente sind – beste Voraussetzungen für’s Kitesurfen, ich weiß…

Doch die Sorgen waren unbegründet: das Kitesurfen lernen hat vom ersten Tag an einfach nur mega Spaß gemacht und obwohl wir am Anfang wirklich keinen Plan hatten, sind wir sehr schnell reingekommen und konnten dann gar nicht mehr aufhören. Einen großen Anteil daran hatte mit Sicherheit auch die unglaublich sympathische, lässige und dennoch kompetente Crew von Rügen-Kite rund um Inhaber Fränky. Die Jungs und Mädels, die alle ausgebildete und erfahrene Kitelehrer sind oder gerade ihre Ausbildung zum Wassersportassistent absolvieren, waren immer an unserer Seite und haben uns geduldig die Techniken erklärt, uns beim Ausprobieren unterstützt und sich mit uns über jeden noch so kleinen Erfolg gefreut und gejubelt.

Was wir in vier Tagen Kitesurfen gelernt haben und worauf du achten solltest, wenn du den Wassersport auch mal ausprobieren möchtest, haben wir nun in 7 Punkten zusammengefasst. An die Leinen, fertig, los!
Kitesurfen Lernen Ruegen Kite
Die Leipziger Kite Crew: Edi, Leo, Stephie, Jess und Franzi.
1. Vorbereitung

Eins vorweg: wir haben uns überhaupt nicht auf das Kitesurfen vorbereitet und hatten keinerlei Probleme. Natürlich kannst du aber ein paar Dinge im Vorfeld beachten und dich auch vorbereiten, wenn du möchtest. Wichtig ist: da du dich im Wasser aufhältst, solltest du auf jeden Fall schwimmen können. Eine gewisse Grundkondition schadet auch nicht, da du gerade am Anfang sehr viel im Wasser laufen wirst und das kann nach einer Weile ziemlich anstrengend sein. Außerdem kannst du mit Übungen deine Armmuskulatur stärken und auf den Einsatz mit dem Kite vorbereiten und – wenn du es wirklich wissen willst – bei genügend Wind an Land einen Lenkdrachen steigen lassen und üben, diesen zu kontrollieren. Grundsätzlich muss das alles aber nicht sein und jeder, der Spaß daran und eine gewisse Motivation hat, kann das Kitesurfen lernen. Wenn du vorher schon mal gesurft bist oder Snowboard fährst, wirst du es vielleicht schneller lernen, aber am Wichtigsten ist, dass du dich darauf einlässt. Exponentiell zu den ersten Fortschritten steigt auch die Motivation und der Wille auf’s Board zu kommen und du möchtest das Wasser am Liebsten gar nicht mehr verlassen.

„Exponentiell zu den ersten Fortschritten steigt auch die Motivation und der Wille auf’s Board zu kommen und du möchtest das Wasser am Liebsten gar nicht mehr verlassen.“

2. Equipment

Zugegeben, einfach ins Wasser und los ist beim Kitesurfen nicht. Du brauchst eine ganze Menge Equipment, das du zu Beginn aber in jeder professionellen Surfschule ausleihen kannst. Bevor du ins Wasser steigst, schlüpft du in einen hautengen, 5 mm dicken Neoprenanzug und Schuhe. Beides brauchst du auch, denn du wirst drei bis vier Stunden im Wasser verbringen und wer die Ostsee kennt, weiß, dass diese kein Wellness-Pool ist. Unter dem Anzug trägst du eine Badehose bzw. Badeanzug oder Bikini, am Besten die schlichte Variante ohne viele Schnüren und Schlaufen. Außerdem bekommst du noch eine Weste und ein sogenanntes Sitztrapez um die Hüfte, das die Zugkraft des Kiteschirms auf deine Körpermitte überträgt und an deim deine Safetyleash befestigt ist, die dich mit dem Kite verbindet, auch, wenn du die Bar loslässt. Der „Chickenloop“ verbindet dich über den Haken am Trapez mit dem Kite. Das Sicherheitssystem (Quickrelease) öffnet den „Chickenloop“ bei Benutzung und dein Kite hängt nun an nur einer Leine. Die Safetyleash sorgt dafür, dass der Kite drucklos vom Himmel fällt und verhindert, dass der Kite wegfliegt.

Zur Auswahl des Kiteschirms und Boards kommen wir gleich noch mal, doch bevor du wagemutig in die Wellen schreitest, solltest du noch ein paar Dinge beachten: auch, wenn es bewölkt ist, wasserfester Sun Blocker ist ein Muss. Unterschätzte Stellen, die neben Nase und Stirn gern vergessen werden (wie wir selbst gemerkt haben), sind Ohren, Haaransatz, Nacken und die Handrücken (ja, auch die kann man sich offensichtlich verbrennen). Bitte achte der Umwelt zuliebe darauf, einen mineralischen und keinen chemischen Sonnenschutz zu verwenden. Einige Surfer benutzen auch einfach Penaten Creme oder eine andere zinkhaltige Creme oder Paste, die zwar nicht einzieht, aber als Schutz über der Haut bleibt. Bevor es losgeht, solltest du auch ausreichend und vollwertig gefrühstückt haben und dir auf jeden Fall auch einen Snack (Banane, Riegel etc.) für danach mitnehmen. Glaub uns – du wirst ihn brauchen. Ebenso einen warmen Pulli, Surfponcho oder Bademantel (hier könnt ihr die Profis von den Anfängern unterscheiden) und eine Mütze oder ein Cap, denn es pfeift ordentlich.

Kitesurfen lernen Ruegen Kite
Spotcheck am Bodden.
3. Spotcheck

Du hast dich in deinen Neoprenanzug gequetscht (keine Sorge, es dauert nicht immer so lange) und bist startklar? Fast, bevor es endgültig ins Wasser geht, wird immer zuerst ein Spotcheck gemacht. Gemeinsam mit den Surflehrern und den anderen Teilnehmern checkst du die Lage vor Ort aus und prüfst Dinge wie die Windstärke, die Windrichtung, das Wasser, besondere Gegebenheiten oder Hindernisse und einen möglichen Notausstieg. Das Anfänger-Training findet auf Rügen im Bodden in stehtiefen Revieren statt. Zum Kiten lernen ist das prima, da du so meist Boden unter den Füßen hast, auch wenn du dich weiter raus bewegst. Nach dem Spotcheck werden der auf den aktuellen Wind abgestimmte Kiteschirm und das passende Board ausgewählt, aufgebaut und es kann losgehen. Sollte einmal ausnahmsweise gar kein Wind gehen oder zu starker oder böiger Wind, dann musst du leider an Land bleiben. Bei Rügen-Kite bekommst du die verpassten Stunden aber gutgeschrieben und kannst einfach ein anderes Mal starten.

4. Buddyprinzip

Keine Sorge, die ersten Schritte Richtung Kitesurfen musst du nicht allein beschreiten. Vor dem Gang ins Wasser mit Kite, Bar und Board kann man nämlich – berechtigt – Respekt haben. Im sogenannten Buddyprinzip sind wir in 2er-Teams gestartet, um uns immer gegenseitig zu unterstützen. Nicht etwa erst mal am Land, sondern gleich im Wasser haben wir gelernt, den Kite zu starten und erste Lenkversuche unternommen. Wichtigste Lektion: Loslassen! Am Anfang haben wir uns noch an die Bar geklammert, wenn der Kite mal nicht so wollte wie wir. Sagen wir es so: keine gute Idee. Durch die Zugkraft kann der Kite ganz schön Fahrt aufnehmen, es zieht dich übers Wasser und du kannst auch schon mal kurz abheben. Nach einer Weile bekommst du aber recht schnell ein Gefühl für den Wind und die Steuerung des Kites und hast diesen immer besser unter Kontrolle. Die Voraussetzung bevor es auf’s Board geht. An den ersten beiden Tagen haben wir so vor allem den Bodydrag geübt, bei dem man den Kite vom Zenit aus in Richtung Wasser lenkt und dann wieder gegensteuert, um gezogen zu werden.


Kitesurfen lernen Ruegen Kite

Von Mal zu Mal haben wir ein besseres Gefühl dafür bekommen und nach den ersten 20 gefahreren Metern tönten unsere Jubelschreie bis ans Ufer.

5. Wasserstart und die ersten Meter

Natürlich haben wir auch gefragt, wie lange es dauert bis man die ersten Meter fahren kann. Das kann allerdings sehr unterschiedlich sein und hängt von verschiedenen persönlichen Voraussetzungen, aber auch den Bedinungen vor Ort ab. In unserer Gruppe haben die ersten schon an Tag zwei nach einem erfolgreichen Wasserstart die ersten Meter auf dem Board zurückgelegt. Wir haben erst mal etwas länger nur mit dem Kiteschirm geübt und haben dann intensiv an Tag 3 und 4 den Wasserstart geübt. Dabei liegst du mit angewinkelten Beinen auf dem Rücken im Wasser und hältst den Kite „auf 12 Uhr“ genau über dir. Danach schlüfst du mit den Füßen ins Board (hier haben wir uns immer noch gegenseitig unterstützt) und führst dann den Powerdive aus. Im Besten Fall kommst du danach auf dem Board zum Stehen (oder zumindest erst mal Hocken) und lässt dich vom Kite ziehen. Das klappt natürlich nicht beim ersten Anlauf. Das Hochkommen haben wir zwar schnell geschafft, aber wie oft es uns danach in jegliche Richtug zurück ins Wasser katapultiert hat, haben wir nicht gezählt. Von Mal zu Mal haben wir aber ein besseres Gefühl dafür bekommen und nach den ersten 20 gefahreren Metern tönten unsere Jubelschreie bis ans Ufer (wir vermuten der wahre Grund, weshalb einige Kitelehrer Gehörschutz im Wasser tragen – von wegen Surfers Ear). Um es kurz zusammenzufassen: an Tag 4 haben wir um die 50 Meter auf dem Wasser zurückgelegt und sind sehr zufrieden mit diesem Fortschritt. Natürlich konnten ein paar Andere schon weiter fahren, manche haben aber auch noch den Wasserstart geübt und jeder ist in seinem eigenen Tempo vorangekommen, was vollkommen ok war und von keinem bewertet wurde. Im Gegenteil, wir haben uns gegenseitig angefeuert, motiviert und lauthals gejubelt, wenn es jemand das erste Mal auf’s Board geschafft hat.

Kitesurfen lernen Ruegen Kite
Waagerecht zum Wasser – kann am Anfang auch schon mal passieren.


6. VDWS Kitelizenz

Neben der vielen Praxis gehört auch die Theorie zum Kiten, denn wenn du auf dem Wasser bist, solltest du schon ein wenig Ahnung davon haben, was der Wind so alles bewirken kann und wie du dich verhalten musst. Außerdem gibt es wichtiges Grundlagenwissen und einige Sicherheitsregeln zu beachten, gerade, wenn mehrere Kiter im Wasser sind. Nach einer Kitesession kamen wir also alle im Rügen-Kite Camp zusammen und haben gemeinsam mit den Lehreren Dinge wie Vorfahrtsregeln, Fachbegriffe, sichere Surfbedinungen, Naturschutz uvm. durchgesprochen. Danach ging es an den vierseitigen Multiple Choice Test und das Ablegen der Theorieprüfung, die wir alle bestanden haben. Yeah! Nun besitzen wir die offizielle VDWS Kitelizenz, die auf der ganzen Welt anerkannt ist und auf der außerdem unser aktuelles Praxislevel (Level 3) eingetragen ist. Dieses kann nun an jeder Kiteschule passend zu unseren Fortschritten geupdatet werden und ist auch online in einer Datenbank hinterlegt. Wir empfehlen dir auf jeden Fall die Prüfung abzulegen, da das Wissen im Wasser essentiell ist und du mit der Lizenz ab Level 3 am begleiteten Kiten teilnehmen und ab Level 5 zudem weltweit eigenständig Kite-Equipment ausleihen kannst.

Kitesurfen lernen Ruegen Kite

Kitesurgen lernen Ruegen Kite
7. Begleitetes Kiten

Mit dem Ablegen der Theorieprüfung war unsere Zeit im Camp leider zu Ende, aber wir wollen auf jeden Fall wiederkommen! Doch wie geht es nach einem Anfänger-Kurs weiter? Ganz ehrlich: ganz allein würden wir uns noch nicht ins Wasser trauen, zumal wir ja auch gar kein eigenes Equipment haben. Doch dafür gibt es eine Lösung, die sich begleitetes Kiten nennt. Das bedeutet, dass du dir in der Kiteschule das nötige Material ausleihen und zusammen mit der Gruppe zum Kitespot fahren kannst. Vor Ort kannst du selbstständig loslegen, hast aber immer Lehrer und erfahrene Kiter in der Nähe, die dich bei Bedarf noch unterstützen können. Wenn du überlegst, dir eigenes Kite-Equipment zuzulegen, kannst du so auch mal verschiedene Boards und Kites testen. Außerdem macht Kiten in der Gemeinschaft mehr Spaß als allein. Dazu gehört nicht nur das eigentliche Kitesurfen, sondern auch die Vorbereitung, der Spotcheck, die Nachbesprechung und am Ende des Tages das gemeinsame Abhängen, Kochen oder Grillen im Kite Camp. Wer Lust hat, kann hier für kleines Geld sogar übernachten. Es gibt unterschiedliche Zimmer und eine gemeinsame Outdoor-Küche. Alternativ kannst du dich direkt neben dem Camp auch in einem Hotel oder einer Ferienwohnung im Waldhäuschen einquartieren. Abends kannst du dein eigenes Ding machen oder dich zur Gruppe gesellen. Wir haben hier eine wirklich gute Zeit verbracht und den Kitelehrern Löcher in den Bauch gefragt und uns mit anderen Kitern und Anfängern ausgetauscht.

Kitesurfen lernen Ruegen Kite

Ein dickes Dankeschön geht an Fränky und die Jungs und Mädels von Rügen-Kite, an Karin für die Einladung und an unsere fantastische Reisebegleitung Jess, Leo und Edi. Auf eine baldige Wiederholung! An alle, die auch das Kitesurfen lernen wollen: checkt unbedingt Rügen-Kite aus. Auf der Homepage findet ihr viele Infos. Vielleicht sehen wir uns ja demnächst im Camp!

Kitesurfen lernen Rügen Kite
Mit Fränky von Rügen-Kite.

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