Im Gespräch mit Texter und Ghostwriter Dr. Ralf Friedrich

Wir stellen vor: Texter Dr. Ralf Friedrich

Montagmorgen im Café Lauritz im Leipziger Waldstraßenviertel. Ein Teil von mir schlummert noch im entspannten Sonntagsmodus, der andere startet hoch motiviert in die neue Woche und freut sich auf frisch gebrühten Kaffee, Zitronenkuchen und ein lange ausgemachtes Treffen mit einem neuen Local Hero: Texter, Ghostwriter und Lektor Dr. Ralf Friedrich.

Es ist immer spannend unsere Local Heroes – also Menschen, die sich aus einer Leidenschaft heraus selbstständig gemacht haben – zum Interview zu treffen. Oftmals bekommen wir Einblicke in (Arbeits-)leben, die wir sonst nicht erfahren würden: Wie entsteht ein Musikalbum? Wovon lässt sich eine Illustratorin inspirieren? Wie sieht es hinter den Kulissen eines Restaurants aus?

Im Fall von Ralf ist es nun ein wenig anders: im Schreiben von Texten habe ich auch Erfahrung und es fällt mir schwer, ihm nicht schon parallel zum ersten Milchkaffee meine tausend Fragen zu servieren. Wie wurde er Texter? Was macht er bei einer Schreibblockade? Ist Schreiben eigentlich ein Handwerk und kann es jeder lernen? Und Ralf ist ja auch Ghostwriter. Was genau bedeutet das und wie viel hat der Begriff mit meinen von Roman Polanskis Film mystifizierten Vorstellungen zu tun? Ihr seht, an Fragen mangelt es nicht und Ralf hat sie zum Glück allesamt höchst geduldig beantwortet:

Im Café Lauritz verrät mir Dr. Ralf Friedrich, wie er Texter wurde.
Ralf, kannst du dich an den ersten Text erinnern, den du geschrieben hast?

Das war 2003, also in der elften Klasse. Unsere Stufenschönheit musste eine größere Hausarbeit schreiben und brauchte dabei Hilfe. Wir haben uns ausgemacht: Ich schreibe ihr die Arbeit und dafür gibt’s 20 Euro und einen Selterwasserkuchen. Am Ende bekam ich nur den Kuchen und sie 13 Punkte. Eine Woche später kam ein anderer Schüler zu mir, da er von der Aktion Wind bekommen hatte. Auch er fragte mich, ob ich für ihn schreiben könnte und damit lief „mein Geschäft“ an.

„Ich schreibe ihr die Arbeit und dafür gibt’s 20 Euro und einen Selterwasserkuchen.“

Würdest du sagen Schreiben ist ein Handwerk, das jeder lernen kann?

Ich würde sagen: Ja, es ist ein Handwerk und nein, es kann nicht jeder lernen. Wir lernen in der Schule grundlegende Dinge zum Satzbau. Dass beim Formen von guten Texten aber noch ganz andere Faktoren entscheidend sind, wird meist vergessen. An der Uni lernen wir dann präzise zu schreiben. Doch das ist selten prägnant. Natürlich gibt es aber Tricks, mit denen man sich verbessern kann. Am Besten sucht man sich einen Mentor, der einen unterstützt.

Welche Art von Texten schreibst du? Wer sind deine Kunden?

Generell schreibe ich alle Arten von Texten, jedoch gibt es natürlich immer Sachen, die man lieber mag als andere. Mir liegt das Schreiben von Büchern, besonders Sachbücher. Was ich zudem sehr gern mache und womit ich mein Geld am Liebsten verdiene, sind Webtexte. Meine Kunden sind vornehmlich Selbstständige sowie kleine und mittelständige Unternehmen. Einige lagern das Texten oft aus, da sie festgestellt haben, dass sie einfach keine Lust auf das Schreiben haben. Ebenso habe ich als Kunden auch sehr viele Berater und Trainer aus der Coaching-Szene. Ansonsten interessiert mich alles, was mit Reisen, Wohnen und Kulinarik zu tun hat. Das ist ein sehr interessantes Feld, weil es eine extreme Vielfalt hat und man sich kreativ unglaublich austoben kann. Meine Zielgruppe sind sozusagen Menschen, deren Zielgruppe wiederum Freigeister, Kreative und Ästheten sind.

„Meine Zielgruppe sind Menschen, deren Zielgruppe Freigeister, Kreative und Ästheten sind.“

„Beim Ghostwriting ist es so: Du bist ein Held, der nie bekannt wird.“

Wie gehst du mit dem Begriff Ghostwriter und seiner teilweise negativen Konnotation um?

Ich nutze diesen Begriff dann, wenn ich merke, dass mein Gegenüber für das Thema offen sein könnte. Viele sind der Meinung, dass man ausschließlich Arbeiten für andere Leute schreibt, die damit dann einen Titel bekommen. Obwohl ich das akademische Ghostwriting ablehne, bekomme ich auch Vorwürfe zu hören, wie: du hilfst Leuten zu betrügen. Wobei sich Hilfe holen ja erlaubt ist. Der Ghostwriter ist am Ende nur ein Dienstleister. Und oftmals wird er nie beachtet. Beim Ghostwriting ist es so: Du bist ein Held, der nie bekannt wird. Es gibt einige Ghostwriter, die werden von ihren Klienten benannt – ich nicht. Damit musst ich leben. Für einige Leute ist das Mystifizierte cool und auf die Frage, welche Bücher ich zuletzt geschrieben habe und für wen, lächle ich immer nur und gebe nie eine Antwort.

Du und ein weißes Blatt Papier. Wie gehst du an einen neuen Text heran?

Ich muss ungefähr wissen, in welche Richtung der Text gehen soll und mich voll und ganz auf die Wünsche des Kunden einstellen. Weiterhin brauche ich das Thema und ein Briefing über die Zielgruppe. Wer sind diese Leute? So steht am Anfang immer eine Zielgruppenanalyse. Meine Analysen sind immer sehr lang und sehr genau, denn ich brauche immer so viele Informationen über die Menschen, dass ich am Ende ein ganz genaues Bild der Persona vor Augen habe. Wenn ich dann alle Infos habe, beginnt für mich die Recherche. Ich orientiere mich meist an Texten aus dem Ausland, da Deutschland trendmäßig total hinterher ist. Somit kann ich auch oft schon sagen, wohin sich das Ganze entwickeln wird. Wenn ich mit der Recherche fertig bin, beginnt die eigentliche Schreibarbeit.

Was brauchst du zum Schreiben?

Zum Schreiben brauche ich vor allem meine Ruhe. Mich darf keiner voll quatschen und eine gefüllte Kaffeetasse sollte auch immer in der Nähe stehen. Für mich sollte die Möglichkeit gegeben sein, dass ich spontan alles stehen und liegen lassen und eine Runde laufen kann. Deswegen arbeite ich ungern draußen oder in Cafés, sondern lieber in einem Raum, den ich abschließen kann. Somit bin ich jemand, der sehr gern von zu Hause aus arbeitet.

„Zum Schreiben brauche ich vor allem meine Ruhe und Kaffee.“

Was wenn’s mal hakt? Kennst du Schreibblockaden?

Ja, das kenne ich natürlich auch. Wenn ich eine Schreibblockade habe, dann mache ich erstmal etwas völlig anderes, wie beispielsweise einen Film schauen oder rausgehen. Es bringt nichts, an den Dingen weiter zu bauen, wenn es an einem bestimmten Punkt hakt. Und die Erfahrung zeigt mir, dass ich lieber ein oder zwei Schritte zurück gehe, bevor ich weitermachen kann. Vielleicht muss ich auch alles komplett löschen und von vorne beginnen. Dann mache ich etwas anderes, das sowieso gemacht werden muss. Sobald ich dann wieder den Kopf frei habe, geht’s weiter.

Vielen Dank für das spannende Gespräch, Ralf!

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