Endlich Erstklässler! Warum der Schulanfang für uns viel schwerer als gedacht war

Vor einem Jahr hätte ich niemals gedacht, dass ich diesen Text so schreiben würde. Damals haben wir uns einfach nur auf die Schule gefreut. Mein Kleiner rechnete bereits bis 100. Kita und Amtsarzt bescheinigten ihm eine gute Schulreife. Und alle nahen und fernen Verwandten waren erfolgreich gebrieft, Aussagen wie „Bald beginnt der Ernst des Lebens“ oder „Da musst du dich dann aber zusammenreißen und stillsitzen“ dringlichst zu unterlassen.

Ich selbst erinnere meinen Schulanfang im Jahr 1991 total positiv. Meine Lehrerin war viel netter als unsere damaligen Kindergärtnerinnen. Und ich fand es immer toll und interessant, zu lernen.

Auch wenn es natürlich Richtung Abi anstrengend wurde, habe ich die Schule nie als Korsett empfunden.

Insofern habe ich ehrlich gesagt schon richtig darauf hingefiebert – mit meinem Kleinen zu lernen und Hausaufgaben zu machen, mitzuerleben, wie er sich die Welt Stück für Stück erschließt. Und kleiner Spoiler: Das ist auch wirklich wunderschön!

Trotzdem hat uns der Schulanfang vor einige unerwartete Herausforderungen gestellt. Und für alle Familien, die das vielleicht im nächsten oder übernächsten Jahr betrifft, möchte ich gern davon berichten.

Alles hat eigentlich ziemlich gut angefangen: Wir haben uns an einer großen öffentlichen Schule angemeldet, bei der es relativ sicher war, dass wir eine Zusage kriegen. Wie alle Schulen in unserem Stadtteil hat die Einrichtung einen sehr guten Ruf. Nach wie vor zu Recht, wie ich finde.

Besonders gut gefallen hat mir, dass wir schon im letzten Kitajahr mehrmals zu Vorschulterminen vorbeikommen konnten.

Mein Sohn hatte dabei Gelegenheit, den Ort, die Lehrer und auch einige neue Mitschülerinnen und Mitschüler kennenzulernen.

Beim ersten Termin waren wir beide total aufgeregt – danach war bei meinem Kleinen jegliche Schulangst weg, weil es einfach so nett war. Am liebsten wollte er sofort eingeschult werden.

Aber wir mussten uns noch eine Zeit gedulden. Nachdem im Frühjahr die Zusage kam, begann ich, den Schulanfang vorzubereiten. Für mich als alleinerziehende Mama bedeutete das wie so oft, dass ich alles allein wuppe: den ersten Elternabend, Schultasche kaufen, Schultüte bestellen und bestücken, Bücher ordern und die lange Liste an Heften, Umschlägen und Kleinkram, den Erstklässler halt so brauchen, besorgen.

Für alle alleinerziehenden Mamas und Papas da draußen: Plant dafür wirklich gut Zeit und Geld ein.

Alle Anschaffungen rund um den Schulanfang sind keine Sonderausgaben. Das heißt: Wenn euer Ex-Partner oder eure Ex-Partnerin Unterhalt zahlt, muss er oder sie sich nicht an diesen Kosten beteiligen. Ich liste euch hier mal auf, was ich etwa ausgegeben habe, damit ihr schon mal wisst, was auf euch zukommt – für mich war es nämlich mehr als gedacht:
• Schultasche und Sporttasche: 170 €
• Bücher: 60 €
• Hefte, Umschläge, Stifte usw.: 100 €
• Zuckertüte plus Schleife: 30 €
• Inhalt für Zuckertüte: 100 €
• Turnschuhe für Sporthalle: 40 €
• 2 Paar Hausschuhe für Hort und Klassenraum: 40 €
• Kopfhörer fürs Lernen am Tablet: 20 €
• Outfit für Einschulung: 40 €
• Party: 100 €

Also, ihr seht, wir sind bei etwa 700 € gelandet. Für uns war das zum Glück nicht problematisch, da ich einen Job habe, den ich super mit meiner Lebenssituation vereinbaren kann. Wenn man aber bedenkt, dass in Deutschland 4 von 10 alleinerziehenden Eltern armutsgefährdet sind, ist das schon wirklich viel. Klar, bei der Party hätte man noch Abstriche machen können, dafür liegen wir beim Schulranzen wirklich günstig – der kann bei anderen Marken auch locker doppelt so viel kosten.

Anfang August war es dann endlich so weit.

Nach einem tollen Sommer, den wir zwischen Kita, Arbeit und Urlaub nochmal richtig genossen haben, stand die Einschulung an. Dank diverser Kinderbücher zu diesem Thema waren wir bestens vorbereitet.

Am Morgen des Einschulungstages versammelten sich alle Kinder und Eltern unserer Klasse und der Nachbarklasse aufgeregt in der Aula der Schule. Die Kinder mussten hier erstmals getrennt von den Eltern sitzen und nach vorne kommen, wenn sie aufgerufen wurden. Für uns war es ein wunderschöner und aufregender Moment – ein tolles Gefühl, es bis dahin geschafft zu haben und so einen glücklichen, lustigen, aufgeweckten kleinen Menschen zu sehen.

Die anschließende Party haben wir bewusst klein gehalten. Durch meinen Job als Fotografin weiß ich, wie erschöpft Kinder nach einer Einschulung sind – kein Wunder bei so vielen neuen Eindrücken! Deshalb haben wir einfach mit Familie sowie den besten Freunden und Nachbarn in unserem grünen Leipziger Hinterhof gefeiert.

Ich werde nie das Bild vergessen, wie mein Kleiner an diesem Tag aus der Krone des Kletterbaums guckte und alle zum Lachen brachte: „Schau mal Mama, was ich schon kann!“

Zwei Tage später stand die erste Schulwoche an. Und ich muss euch sagen: Ich wusste ja gar nicht, was in Leipzig um 7.30 Uhr an normalen Schultagen so alles los ist – und was für einen entspannten Morgen wir zu Kitazeiten eigentlich hatten. Gewöhnlich sind wir nämlich erst gegen 8 Uhr aufgestanden, haben in aller Ruhe Frühstück gegessen, um dann gegen 9.30 Uhr gemütlich in der Kita einzutrudeln. Inzwischen weiß ich, dass die Brücke am Ende unserer Straße kurz vor Schulbeginn einer vollgestopften Autobahn aus Fahrrädern, Anhängern, Rollern und natürlich jeder Menge Eltern und Schulkindern gleicht. Nach dem frühen Aufstehen und einem schnellen Frühstück in dieses Gewusel einzutauchen, ist positiv formuliert gewöhnungsbedürftig.

Auch in der Schule merkt man gleich: Hier weht ein etwas anderer Wind.

Als mein Kleiner am ersten Tag ansetzt, um seinen Lehrer zur Begrüßung zu umarmen, wie er es aus der Kita gewöhnt ist, reicht dieser ihm freundlich die Hand. Tja, das ist halt die Schule.

Am zweiten Tag schaffe ich es direkt, bei der Abholung vom Hort „die letzte Mama“ zu sein. Verdutzt schaue ich in die leeren Räume – um die Zeit wären bei uns in der Kita doch noch locker zehn Kinder gewesen! Zum Glück hat mein Kleiner seine Hortnerin – und übrigens auch seinen Klassenlehrer – direkt ins Herz geschlossen. Und da es im Hort jede Menge spannende neue Spielsachen gibt, komme ich bis heute quasi immer „zu früh“.

Erst in der zweiten Woche kippt die Stimmung. Mein Kleiner beginnt, seine Kitafreunde zu vermissen. Die Kinder in der Klasse sind zwar nett, aber eben auch noch fremd. Das Schulessen schmeckt ihm nicht.

Und sowieso ist alles „viel anstrengender“ als gedacht.

Hinzu kommt: Wir Eltern dürfen nun nicht mehr morgens ins Schulgebäude hinein. Man muss sein Kind an der Tür abgeben. Für meinen Kleinen bedeutet das: die schwere Schultasche zwischen Hunderten von Mädchen und Jungen allein ins dritte Obergeschoss tragen.

Immer häufiger fließen morgens die Tränen.

Ich mache, was ich kann. Halte den Abschied kurz und undramatisch, wie wir es schon zu Kitazeiten gelernt haben. Spreche mit der Hortnerin, bestelle das Mittagessen ab und packe morgens eine liebevolle extra Dose ein.

Schreibe dem Lehrer, ob es etwas gibt, das ich noch tun kann, um meinem Kind den Übergang leichter zu gestalten. – „Geben Sie ihm Zeit.“

An meinem persönlichen Tiefpunkt sitze ich selbst morgens nach der Abgabe heulend an meinem Küchentisch. Es ist so schwer, zu sehen, dass das eigene Kind leidet, und ihm diese Herausforderung nicht abnehmen zu können. Wenn ich damals gefragt worden wäre, ob ich meinen Kleinen zurück in die Kita schicken mag – ich hätte sofort „ja“ gesagt!

Und ja, es gibt Momente, in denen es einfach kacke ist, alleinerziehend zu sein. Sorry für meine Ausdrucksweise, aber auch das muss mal gesagt werden. Wie schön wäre es in solchen Phasen, jemanden an meiner Seite zu haben, der das alles hautnah miterlebt und mittragen kann. Klar kann ich meiner Mama und meinen Freundinnen davon erzählen. Und auch mein Freund tut sein Bestes, um als erfahrener Schulkind-Papa aus der Ferne Tipps zu geben und Beistand zu leisten. Aber letztendlich müssen mein Kind und ich – am Ruder – da eben doch alleine durch.

Aber liebe Eltern da draußen: Die Geschichte hat ein Happy End. Heute, knapp drei Monate nach Schulbeginn, ist alles fein. Wie haben wir das geschafft?

Erstens: Ich habe auf den Klassenlehrer gehört und mich in Geduld geübt. Zweitens: Ich bin selbst vor meinem Kind immer tapfer und total positiv geblieben. Ich glaube, das ist wirklich wichtig. Drittens: Wir haben alle Gelegenheiten genutzt, um die Schule gemeinsam kennenzulernen, einen Flohmarkt und eine Eltern-Kind-Kennenlernveranstaltung besucht, bei der ich auch ganz bewusst andere Mamis angesprochen habe.

Obwohl ich an diesem Tag gefroren habe und sogar Bauchweh hatte, bin ich extra lang geblieben, damit mein Kind bis zum Schluss mit den neuen Freunden spielen konnte.

Nach dieser Veranstaltung ist irgendwie der Knoten geplatzt. In den Herbstferien hat mein Kleiner dann noch einige Tage im Hort verbracht und viele Abenteuer erlebt. Für mich war das eine Möglichkeit, morgens bei der Abgabe zu schauen, wie mein Sohn mit den anderen Kindern agiert. Und ich sage euch: Es war eine riesige Erleichterung. So schön zu sehen, wie Freunde auf ihn zukommen, ihn umarmen, ihm helfen und das Gefühl geben, willkommen zu sein.

Am ersten Tag nach den Ferien hat mein Kleiner dann sogar einen besonders „mutigen Moment“: Er meldet sich freiwillig zur ersten mündlichen Leistungskontrolle. Nachmittags lächelt mich ein freundlicher Stempelsmiley aus dem Leseheft an. Ergebnis: „Erfreulich“.

Schöne Bilder und Texte – bei Anne gibt’s beides aus einer Hand. Als freie Redakteurin und Fotografin ist es ihr Job, spannende Themen aufzuspüren und gekonnt in Szene zu setzen. Das größte Projekt von allen wartet indes ungeduldig zuhause auf sie. Seit 2019 ist Anne stolze Mami eines kleinen, süßen Jungen – und das hat ihr Leben ordentlich durcheinander gewirbelt. Auf LAYERS berichtet sie von den Höhen und Tiefen ihres neuen Alltags.

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